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Das kluge Unbewusste gab nicht nach!

Frank Alexander • Nov. 22, 2023

Wie Scheitern vom Unbewussten mit Erfolg gekrönt wird.

Vor langer Zeit wendete sich eine Fachkraft (w/m/d) "Y' wegen eines speziellen Dilemmas an mich. Y hatte schon damals eine ausgezeichnete Expertise gehabt. Nach ihrem Studium hatte sie mehrere Jahre erfolgreich gearbeitet. Doch dann war der Faden gerissen. Sie war immer wieder in der Probezeit gescheitert und wollte nun einen anderen Weg ausprobieren. Die in diesem Zusammenhang geführten Akquisegespräche mündeten jedoch fast immer in Jobgeboten, die Y schließlich wahrnahm. Nach hälftiger Probzeit begann Y sozusagen mit wachsender Begeisterung gegen informelle Kommunikationsregeln, die ihr durchaus bekannt waren, zu verstoßen und Hierarchien auszuhebeln. Dies führte trotz fachlich guten Leistungen jeweils zur vorzeitigen Kündigung in der Probezeit.

Y machte sich zunehmend Vorwürfe, dass sie es nicht hinkriegte vernünftig zu arbeiten. Insbesondere gegenüber ihrem Privatumfeld fühlte sie sich als Versagerin. Vom Coaching versprach sie sich eine Unterstützung, um die Probezeit zu überstehen, d.h. keinen Unfug mehr zu machen.


In unserem Prozess kamen wir nicht mehr weiter.  Natürlich wusste Y. theoretisch was sie hätte tun müssen, um den Job zu behalten. Aber bekanntermaßen ist der Unterschied zwischen Theorie und Praxis in der Praxis größer als in der Theorie. Als ich Y dann fragte, wofür sie die Probezeit so gekonnt scheitern ließ, sah ich Y die Verstörung über diese Art von Frage förmlich an. Ich gab Y dann nur noch die folgende 'Hausaufgabe': "Geh mal deine Kommilitonen (w/m/d) und deine Schulkamerad*innen durch, schau, ob dir gefällt, wo sie arbeiten und nimm ggf. Kontakt auf. Sei ganz offen und du selbst, wenn du mit ihnen sprichst."


Es dauerte nicht allzu lange bis es eine Erfolgsmeldung gab und das Überstehen der Probezeit kein Thema mehr war. Im Nachhinein erinnerte ich mich an einzelne Äußerungen, die wohl auf das eigentliche Dilemma hindeuteten. Y oder Ys Unbewussten ging es nicht um ein tolles Industriegehalt, so wie bestimmten Mitgliedern seiner privaten Lebenswelt es für ihn vorsahen, sondern einfach um einen nach seinem Empfinden lebenswerten und sicheren Arbeitsplatz. Und da war sein Unbewusstes tatsächlich omnikompetent und pochte auf Bedürfnisbefriedigung. Das hört sich alles einfach an, ist aber nicht leicht, denn fast hätte es ihn zerissen.

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